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Predigt · Christi Himmelfahrt· 18. Mai 2023 · Pfarrer Michael Hufen

Posted on Mai 22, 2023 in Predigten

Liebe Gemeinde

Zwischen Himmel und Erde

So schwebte gerade Sina Brunner am Tuch hier am Baum

Ganz wundervoll anzuschauen

Schwerelos – vielleicht die Phantasie anregend –

Nun ist das sicher kein Bild für den theologischen Inhalt des heutigen Festes.

Christi Himmelfahrt

Ein Fest, dass schon lange scheinbar im Widerstreit mit allem steht, was wir Menschen über Himmel und Erde wissen.

Als der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin von seinem ersten Weltraumflug zurückkehrte, soll er gesagt haben, dass er im Weltraum war und Gott nicht gesehen habe.

180 Minuten im Weltall – genug Zeit um sich umzusehen.

Nur – wahrscheinlich hat er diesen Satz gar nicht gesagt – die Propaganda hat ihm den in den Mund gelegt. Gagarin war getaufter orthodoxer Christ und wie sich ein Wegbegleiter erinnert, hat er gesagt: ‚Ein Kosmonaut kann nicht ins All fliegen und Gott nicht in seinem Kopf und in seinem Herzen haben!‘.

Nicht im Himmel nach Gott suchen, sondern ihm im Herzen haben.

Schon Friedrich der Zweite hat vor 250 Jahren per Kabinettsbeschluss den Feiertag Christi Himmelfahrt abgeschafft. Für den aufgeklärten und gebildeten Monarchen war dieses Fest mit seinem aufgeklärten Weltbild schlicht unvereinbar.

Umso mehr für uns heute mit unserem schon ziemlich weit entwickelten Kenntnissen über kosmische Dimensionen.

Was fangen wir denn nun aber mit der biblischen Überlieferung an?

Der Evangelist Lukas berichtet im 24. Kapitel

Er führte sie aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie.

51Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.

52Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude

53und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.

In Bethanien soll es geschehen sein, etwas nordöstlich von Jerusalem. Aber nur Lukas berichtet davon, keiner der anderen Evangelisten und auch nicht Paulus, der ja zeitlich gesehen viel näher an den Ereignissen in Jerusalem dran war.

Der Theologe Karl Barth sagt über Himmelfahrt „Es hat keinen Sinn, sich das Ereignis, in welchem Jesus in den Himmel gegangen ist in Gestalt einer Freiballonfahrt anschaulich machen zu wollen.“

Aber was bekennen wir denn dann, wenn wir im Glaubensbekenntnis sagen: „aufgefahren in den Himmel“.

Vielleicht hilft uns ja die Unterscheidung der Wörter im Englischen. Hier gibt es SKY und HEAVEN. Sky ist tatsächlich die Luft mit Wolken, die Atmosphäre, Stratosphäre und letztlich das Weltall, das Blaue über uns, wo die Sonne ist. Heaven ist der Herrschaftsbereich Gottes, ein Ort, der sich jeglicher räumlichen Kategorie entzieht.

Wir Deutschen haben beim Gebrauch des Begriffs Himmel keine eindeutige Unterscheidung und müssen deshalb erklären, wovon wir reden. Wir beten „Vater unser im Himmel“. Luther drückt deutlich aus, wie dieser Himmel zu verstehen ist. In seinem Lied heißt es: „Vater unser im Himmelreich“, also unser Vater in seinem Herrschafts- bzw. Wirkungsbereich, also dort, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind.

Unsere menschlichen Vorstellungen von OBEN und UNTEN gelten hier nicht. Jesus ging also nicht in die Luft, fuhr eben nicht auf Wolken schwebend hoch zu Gott, sondern er wurde aufgenommen in den HEAVEN, die Heimat Gottes.

Himmelfahrt ist also die wirkliche Heimkehr zu Gott, um uns allen, immer und an jedem Ort gegenwärtig sein zu können. Bei Luther heißt es dazu: „Christus musste erst gen Himmel fahren, um uns wirklich ganz nahe sein zu können.“

Er ist uns nahe, wenn wir zusammen singen und beten, wenn wir uns zum Gottesdienst versammeln und Abendmahl feiern, wenn wir beieinanderbleiben, uns gegenseitig beistehen, trösten und stärken. Wenn wir, wie damals die Jünger in Bethanien, glücklich sind, unter Jesu Segen zu stehen.

Vielleicht kennen sie die jüdische Legende von dem beliebten und weisen Rabbi, der zwischendurch immer wieder für kurze Zeit spurlos verschwand. Nirgends war er dann zu finden, seine Wohnung stand offen, aber er selbst war weg. Die Leute tuscheln „Wenn unser Rabbi nicht da ist, dann ist er mal kurz im Himmel, dann holt er sich Rat an höchster Stelle oder er nimmt sich eine kleine Auszeit bei Gott, um seine Quellen wieder aufzufüllen.“ Ein Dorfbewohner aber konnte die angeblichen Himmelsreisen des Rabbi nicht so einfach akzeptieren. Er nahm sich vor das Geheimnis zu lüften. Und so versteckte er sich eines Tages unter dem Bett des Rabbi. Dabei beobachtete er folgendes: im Morgengrauen beim ersten Hahnenschrei stand der Alte auf, zog sich alte Bauernkleider an, nahm eine Axt zur Hand und verließ das Haus. Der Spion folgte ihm unbemerkt. Draußen war es bitterkalt. Der Rabbi steuerte ein nah gelegenes Wäldchen an, er schlug einen Baum, zerkleinerte ihn zu Brennholz, band alles zusammen und gingen weiter in den nächsten Ort. Alles sehr merkwürdig, dachte der Spion. Braucht man etwa Brennholz für einen Ausflug in den Himmel? In dem Ort angekommen, klopfte der Rabbi an die Tür eines kleinen verwitterten Häuschens, eine alte Frauenstimme gab leise Antwort, der Rabbi trat ein. Durch ein Fenster beobachtete sein Verfolger, wie er das Holz ablegte, im Ofen Feuer machte, mit der Frau ein paar freundliche Worte wechselte und ohne Geld genommen zu haben, wieder ging. A, darauffolgenden Tage fragten die Leute ganz gespannt den Spion: „Na wo ist er denn gewesen unser Rabbi? Hatten wir Recht? War tatsächlich im Himmel? Los sag schon!“ und der Mann antwortete: „Ja, ihr hattet wirklich recht! Ich bin dem Rabbi gefolgt und dabei in den Himmel gelangt.“ Aber mehr verriet er nicht.

Der Himmel ist nicht weit weg, er ist nicht tief verborgen. Er ist in uns, in dir und mir, wenn wir uns selbst und uns gegenseitig annehmen. Keine Spekulationen, die zu nichts führen, sondern Jesus am Herrentag tatsächlich als den Herren unseres Lebens annehmen und getrost darauf warten, was daraus werden mag. Vielleicht spüren wir dann auch etwas von der Freude der Jünger in Bethanien und schaffen es, diese Freude auch auf andere Gesichter zu übertragen.

Wo die Freude wächst, dort geht der Himmel über uns auf. Und dann feiern wir Christi Himmelfahrt! Mit Artistik, die uns ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, mit Kaffee und Kuchen, gemeinsam.

Weißt du wo der Himmel ist,
nicht so hoch da oben.
Sag doch ja zu dir und mir.
Du bist aufgehoben.