//

Predigt · Ostermontag· 10. April 2023 · Pfarrer Michael Hufen

Posted on Apr 11, 2023 in Predigten

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern, liebe Brüder,

mit der österlichen Freude ist es so eine Sache.

Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden

So haben wir uns gestern schon am Osterfeuer gegrüßt – wir haben uns fröhliche Ostern gewünscht und der Sonnenschein gestern Nachmittag ließ es dann nach nebligem Tagesbeginn einen freundlichen Tag werden.

Mit der österlichen Freude ist es so eine Sache

Die Jünger haben sich schon auf den Weg weg aus Jerusalem gemacht, sie sind weggelaufen, ängstlich, zweifelnd.

Als die Frauen, die am Grab waren, von ihren Erlebnissen berichteten, ernteten sie ungläubiges Schweigen – Osterfreude?

Die Osterfreude ist manchmal schwer zu finden, mindestens so schwer wie manche versteckte Ostergeschenke im Garten meiner Schwiegermutter, die manchmal erst im Herbst, wenn das Laub gefallen war und der Garten gründlich für den Winter vorbereitet wurde, zum Vorschein kamen.

Osterfreude – in Zeiten des Krieges und der wachsenden Angst vor einer Ausweitung des Krieges, ja des Neubeginns eines Krieges – jetzt mit China. Osterfreude nach drei Jahren Coronamaßnahmen, Osterfreude angesichts wachsender Sorgen um die innere Sicherheit, den Zustand der Gesundheitsversorgung, der Bildung, der Medien, ja des sozialen Zusammenhalts.

Sieg des Lebens über den Tod? Wo denn?

Sind wir angesichts der dramatischen Veränderungen in unserer Welt in den zurücklegenden Jahren – wer vor drei Jahren auch nur einen Teil dieser Veränderungen und Entwicklungen für möglich gehalten hätte, wäre als depressiver Spinner oder noch schlimmer bezeichnet worden – sind wir sensibler für die Aufnahme der frohen Botschaft geworden?

Die Älteren werden nun sagen, die Zeiten waren selten leicht für die Aufnahme der Osterbotschaft. Die aktuell beschworene Zeitenwende hin oder her.

Deshalb heute einmal ein Rückgriff auf eine mittelalterliche Ostertradition. „Risus paschalis“ – das Osterlachen. Bis vor gut 100 Jahren gab es in katholischen Gegenden den Brauch, dass der Priester im Ostergottesdienst Witze erzählt, um die Gemeinde zum herzhaften Lachen zu animieren. Schon seit der Reformationszeit war das in evangelischen Gegenden verpönt, nicht nur, weil mit manchem Priester auf der Kanzel alle Gäule durchgingen und das Niveau der Witze zumindest fragwürdig war.

Ist den Christen also nun das Lachen im Gottesdienst vergangen? Dabei heißt es doch in den Seligpreisungen in der Feldrede beim Evangelisten Lukas „ihr werden Lachen“. Einer der Reformatoren – Capito – war da auch eher weniger streng: lieber vor einer lachenden Gemeinde predigen, als vor leeren Bänken oder schlafenden Gemeinden.

Deshalb erst einmal einen Witz:

Der Chauffeur und der Papst
Der Papst ist in Amerika und fährt mit seinem Chauffeur auf der Autobahn durch einsame Gegenden. „Mein Sohn“, sagt er zum Chauffeur, „ich bin der Papst und man lässt mich nichts mehr machen. Einmal in meinem Leben möchte ich noch selbst Auto fahren. Wechseln wir Platz!“ Gesagt, getan, der Papst fährt – aber leider zu schnell, ein Polizeiauto fährt vor und stoppt ihn. Der Polizist sieht den ertappten Verkehrssünder, wird blass und ruft seinen Chef an: „Was soll ich tun?“ „Strafen natürlich“, lautet die barsche Antwort. „Aber nein, das geht nicht, es ist eine hohe Persönlichkeit…!“ Der Chef stutzt: „Wer soll es denn sein? Strafen – es wird schon nicht der Gouverneur sein…“ Der Polizist: „Der Gouverneur? Viel höher!“ Darauf wieder der Chef: „Lächerlich, das wäre ja der Präsident der Vereinigten Staaten…“ „Nein“, unterbricht ihn der Beamte, „viel höher!“ „Machen Sie keine dummen Witze und sagen Sie mir endlich: Wer ist es?“ Darauf der Polizist: „Ich weiß es auch nicht, aber der Papst ist sein Chauffeur!“

Wen könnte wohl der Papst chauffiert haben, was mag jener Vorgesetzter gedacht haben? Wenn der Papst zum Chauffeur wird, liebe Gemeinde, dann ist das Reich Gottes nahe, „so werden wir sein wie die Träumenden. Dann wird unser Mund voll Lachens und unsre Zunge voll Rühmens sein.“

Die Herrschaftsverhältnisse auf den Kopf gestellt – oder wieder auf die Füße und dabei herzlich gelacht, niemand wird bloßgestellt und wir werden zum Nachdenken angeregt.

Besser geht es doch gar nicht.

Dann wird unser Mund voll Lachens und unsre Zunge voll Rühmens sein.

Dann erzählen wir uns die Ostergeschichten vielleicht wirklich als fröhliche Verwandlungsgeschichten und winken nicht innerlich schon ab: kenne ich schon – sondern: ja wirklich!, auch wenn wir wenig Anlass zu haben scheinen, optimistisch und voller Freude auf den kommenden Tage, Wochen und Monate zu schauen, so schauen wir doch mit österlichem Blick anders darauf.

Mit anderem Blick auf die bekannten Geschichten schauen, sie anders hören und dann als wirklich Verwandelte in die Osterzeit gehen: Dann werden wir sein, wie die Träumenden

Ich möchte die Geschichte von den Emmausjüngern noch einmal lesen, nun nicht als Text aus der Bibel, sondern als Gedicht von Klaus Peter Hertzsch – dem großen Thüringer Theologen – und sie einladen diese Weggeschichte noch einmal zu hören und sie dann noch einmal zu bedenken:

Wir wußten`s nicht, es war Ostertag.

Wir waren unterwegs bei schrägem Sonnenlicht,

da uns der Tempelberg schon längst im Rücken lag

und noch von Emmaus kein Dach in Sicht.

Sahn das Land an uns vorübergleiten,

während wir hindurchgewandert sind:

Menschen, viele Orte, Jahreszeiten,

Vogelflug in unerreichten Weiten,

hin und wieder schon der Abendwind.

Neben unsern Schritten – seine Schritte,

da er sich plötzlich zu uns gesellt.

Im finstern Tal ging er in unsrer Mitte.

In unserm Zwiegespräch war er der Dritte.

Und er erklärte durch sein Wort die Welt.

Er zog mit uns in wechselnden Gestalten

uns sehr vertraut, uns völlig unbekannt.

Zuweilen konnten wir sein Bild behalten.

Im Neugewordnen sahen wir den Alten,

und seltsam hat in uns das Herz gebrannt.

Nun, da der Tag sich neigt und wir die Tür aufklinken,

brennt schon die Lampe, ist der Tisch gedeckt,

und Brot zu essen, Wein ist da zu trinken.

Es ist wie Aufgang mitten im Versinken,

und nun am Abend werden wir geweckt.

Der dort am Tische sitzt

und uns das Brot gebrochen

und der mit uns im Wechselwort gesprochen,

der Herr, mit dem wir redeten und handelten,

der dort am Tische sitzt

und uns den Kelch gesegnet

und der so vielgestaltig uns begegnet,

er blieb sich immer gleich,

doch wir sind die Verwandelten.

Die Emmaus Jünger

Er, dem sie davongelaufenen sind, läuft ihnen nach. Als Jünger, als Freunde haben sie nicht die beste Rolle gespielt, vielleicht sogar versagt, aber er tut alles, damit sie wieder zueinander finden. Er kündigt seine Freundschaft nicht. Er kommt mit ihnen ins Gespräch und speist sie nicht mit frommen Sprüchen ab. Er will kein Schuldbekenntnis hören, sondern er fragt nach ihren Sorgen und Nöten. Auf dem Weg, im Gespräch mit ihm, dürfen sie die sein, die sie wirklich sind: Menschen mit Zweifeln und vielen Fragen.

Jesus hört ihnen zu und er ist ihnen eine Hilfe in der Not ihres Glaubens.

Jesus, der Sohn Gottes ist mit auf dem Weg.

Mit uns? Nur einen der beiden Emmaus Jünger kennen wir mit Namen. Er heißt Kleopas. Ich denke, dass der Evangelist Lukas dem 2. keinen Namen gibt, ist kein Zufall – wir sind eingeladen unsere Namen hier einzutragen. Gott ist in seinem Sohn Jesus aus Nazareth, dem Gekreuzigten und Auferstandenen mit uns auf dem Weg.

Er läuft uns nach. In unserem Zweifeln, unseren Irrtümern und Glaubensnöten.

Jeder Mensch ist gemeint, nicht nur die, die schon immer da waren. Jesus, der Auferstandenen geht jedem von uns nach. Sein Interesse an uns ist so groß, dass er uns nachläuft und sucht, auch unser Herz zum Brennen bringen will. Er will mit uns am Tisch sitzen und mit uns das Brot brechen.

Das Gedicht von Klaus-Peter Hertzsch ist noch nicht zu Ende. Ein Satz fehlt. Es ist der entscheidende, dem eigenen Leben, Wendung gebende Satz. Ohne ihn wäre alles nur schöne Geschichte mit ein paar lichten Momenten, die das Leben erklären und uns dann wieder im alten Trott auf dem Weg nach Emmaus versinken lassen. Emmaus ist nicht der Ort der Einkehr. Gewiss sind Brot und Wein wichtig als Stärkung für das, was jetzt folgt:

„Noch am Abend brechen wir auf.“

Emmaus wird zum Ort der Umkehr.
Darin lässt sich das Evangelium von Lukas verdichten. 

Wo das Herz brennt, wo Osterfreude da ist, kommt Bewegung in das eigene Leben. Und wer Christus begegnet, der verwandelt sich. Solch österlich verwandelte Menschen aber verwandeln das Angesicht der Welt zum Guten. Das haben wir bitter nötig.

Amen.

Bleiben Sie behütet.